Zunehmende Bedeutung
Mehr als drei Viertel unserer Zeit verbringen wir hierzulande in Gebäuden. Damit wir uns in Räumen wohl fühlen, brauchen wir gute Luft. Weil heutige Gebäude weitgehend luftdicht sind, muss in Minergie-Gebäuden technisch für einen geregelten Luftaustausch gesorgt werden, sonst reichern sich rasch Gerüche, CO2 oder Feuchte in der Raumluft an. Das kann die Gesundheit beeinträchtigen, vermindert den Komfort und birgt bauphysikalische Risiken. Eine Lüftung sorgt so für Komfort, Sicherheit und schützt vor Lärm, weil zum Lüften keine Fenster geöffnet werden müssen. Insbesondere in der Heizperiode spart man nebenbei mit einer Wärmerückgewinnung aus der Abluft noch Energie. Egal, ob Neubau oder Sanierung - es gibt für jeden Fall ausgereifte Lüftungssysteme.
Selbstverständlich dürfen Sie aber die Fenster öffnen, wann immer Sie wollen.
Vielfalt der Lüftungssysteme
Die von Minergie geforderten Prinzipien der Lufterneuerung lassen sich mit verschiedenen Lüftungssystemen realisieren. Am weitesten verbreitet ist die Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung, aber auch die Abluftanlage und Einzelraumlüftung bewähren sich. In der Minergie-Sanierung setzen inzwischen viele Bauherrschaften auf die einfache Grundlüftung, allenfalls kombiniert mit aktiven Überströmern. Neben diesen Systemen sind weitere Lösungen zulässig, die den Anforderungen des Minergie-Reglements entsprechen.
Aufgrund ihrer technischen Konzepte haben die verschiedenen Lüftungssysteme unterschiedliche Stärken und Schwächen.
- Die klassische Komfortlüftung bietet bei Komfort und Energieeffizienz Vorteile. Sie kann gut mit einer Wärmerückgewinnung kombiniert werden und bietet guten Schutz vor Aussenlärm. Das Kaskadenprinzip bewährt sich, auch weil damit die Luftmengen reduziert werden können. Da die Komfortlüftung separate Kanäle für Zu- und Abluft benötigt, eignet sie sich vor allem für Neubauten oder Sanierungen, bei denen auch die Innenräume baulich verändert werden.
- Bei Sanierungen hingegen, die sich auf die Gebäudehülle beschränken, lassen sich Einzelraumlüftungen und Abluftanlagen unter Umständen deutlich günstiger realisieren. Studien stellen aber in Frage, ob der Betrieb dieser Systeme auch günstiger ist (vgl. Studie HSLU Abluftanlagen und Einzelraumlüftungen, 2018). Bei Abluftanlagen sollte zudem besonders auf Zugluftfreiheit geachtet werden.
- Seit 2019 lässt Minergie bei Modernisierungen die sogenannte Grundlüftung zu. Bei dieser wird die Luft statt wie bei den Verbundlüftern über Ventilatoren nur noch über offene Türen verteilt. Das ist deutlich einfacher und günstiger, bietet dank Vorwärmung der Zuluft einen höheren Komfort als Abluftanlagen, aber bei geschlossenen Türen eine Einschränkung im Vergleich zur Komfortlüftung
- Darum bieten sich Verbundlüftungen als Alternativen in Neubauten und Sanierungen an. In diesem System wird die Luft mit aktiven Überströmern, also kleinen Ventilatoren in die einzelnen Zimmer geführt.
Falls sinnvoll und nötig, können die Systeme auch zu einem gewissen Grad kombiniert werden.
Wichtig ist, bereits zu Beginn des Bauprojekts zu entscheiden, welches Lüftungssystem eingesetzt wird. Damit können die spezifischen Anforderungen optimal in der Planung berücksichtigt werden. Wichtige Faktoren sind dabei: Möglichkeit einer Wärmerückgewinnung, Rückgewinnung von Feuchtigkeit in der Heizperiode (Vermeidung von trockener Luft), Lärmschutz und die Option einer nutzerunabhängigen Nachtauskühlung.
Die nachstehende Abbildung zeigt am Beispiel einer Komfortlüftung wichtige Punkte, welche bei der Planung und Ausführung beachtet werden müssen.
Sicherheit dank klaren Anforderungen
Minergie fordert für alle Gebäudekategorien eine kontrollierte Lufterneuerung, gibt jedoch kein System vor. Eine unkontrollierte (manuelle) Fensterlüftung genügt für die Gebäudestandards von Minergie nicht (Ausnahme: In der Sanierung wird die Lüftung für einzelne Gebäudekategorien nur empfohlen).
Um die Anforderungen von Minergie zu erfüllen, sind raumlufttechnische Einrichtungen und Anlagen grundsätzlich nach den aktuellen Normen zu planen und zu realisieren (SIA Norm 382/1 und Merkblatt SIA 2023).
Bei kleineren und einfacheren Gebäuden erfolgt der Nachweis der Lüftung direkt über das Minergie-Nachweisformular. Bei grösseren und komplexeren Gebäuden stehen für die Berechnung des Strombedarfs der Lüftung Berechnungstools zur Verfügung. Zudem muss in jedem Fall ein Schema der Lüftung und der Typ des Lüftungsgeräts eingereicht werden.