14. Februar 2022
Minergie-News 2022
Bilanzierung von Treibhausgasemissionen und höhere Qualität bei Abluftanlagen mit Aussenluftdurchlässen
In der Erstellung gewinnt nicht nur die graue Energie in der Gesamtbetrachtung (Erstellung und Betrieb) an Bedeutung. Noch gewichtiger sind die Treibhausgasemissionen (THGE). Deshalb weist Minergie ab 2022 neben der Betriebsenergie auch die Treibhausgasemissionen in der Erstellung aus. Ausserdem wird bei Minergie die Qualität dank neu definierten präzisen Kriterien bei Abluftanlagen mit Aussenluftdurchlässen (ALD) gesteigert. Zudem feiert das Modul Monitoring mit über 100 Anträgen seinen ersten Meilenstein.
Die Minergie-Standards werden kontinuierlich weiterentwickelt. So werden auch mit diesem Jahreswechsel Ergänzungen und technische Anpassungen eingeführt. Eine grössere Standardanpassung ist für 2023 geplant. Die diesjährigen Anpassungen ebnen den Weg dafür.
Ausweis von Treibhausgasemissionen in Erstellung und Kohlenstoff-Speicherung
Bis anhin wurden nur beim Zusatzprodukt ECO auch die graue Energie eines Gebäudes, sowie optional die Treibhausgasemissionen in der Erstellung, nachgewiesen. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels und des Ziels des Bundes, bis 2050 Netto-Null Emissionen in der Schweiz zu erreichen, hat Minergie für einen emissionsfreien Betrieb schon im Jahr 2017 die fossile Wärmeerzeugung verboten.
Neu werden nun auch die THGE in der Erstellung berücksichtigt. Bis zu 80% der emittierten Treibhausgasemissionen der Gebäude fallen auf die Erstellung (und Entsorgung) zurück. Diese spielen anteilmässig bei stetig effizienteren Bauten eine immer grössere Rolle, weil die vorgelagerten Bauprozesse stark mit fossilen Emissionen belastet sind. Zudem fallen bei der Erstellung, respektiv bei der Produktion von Zement, zusätzlich zur benötigten Energie sogenannte geogene Treibhausgasemissionen an.
Neben den emittierten Treibhausgasen wird bei Minergie nun auch die Kohlenstoff-Speicherung ausgewiesen, da sich ein «Einlagern» von Treibhausgasemissionen positiv auf das Klima auswirkt. So speichern vor allem Holzprodukte – ob in Tragstruktur, Fenster, Fassade, Parkett oder Dach - den Kohlenstoff, den der Baum ursprünglich der Atmosphäre entzogen hat. Auch mit Kohlenstoff angereicherter Beton hat dieselbe Speicherwirkung.
Einfacher Nachweis für Planende
Damit sich der Aufwand für die Planenden im Rahmen hält, hat Minergie einen einfachen Nachweis entwickelt, der fast ausschliesslich mittels Dropdown-Menus qualitative Eigenschaften der sechs grössten Klima-Einflussfaktoren in Erstellung und Rückbau des geplanten Gebäudes abfragt.
Im Hintergrund berechnet das Tool anhand der Eingaben die Treibhausgasemissionen in der Erstellung. Dieser Nachweis beruht auf dem Merkblatt SIA 2032 und den KBOB Ökobilanzdaten im Baubereich und befindet sich in Form des Zusatzblattes "Erstellung" im Minergie-Nachweisformular [Verlinkung Minergie-Nachweis]. Für die Planenden und Bauherrschaften werden mit dem neuen Nachweis die Handlungsfelder für die Minimierung der THGE in der Erstellung ersichtlich. Dank einem angegebenen Richtwert, der analog dem Grenzwert von Minergie-ECO (Grenzwert 2) berechnet wird, sehen die Planenden, wie das Gebäude in der Erstellung abschneidet.
Der Ausweis der THGE für Erstellung und Rückbau hat vorerst rein informativen Charakter und soll die Projektbeteiligten sensibilisieren. Es ist vorgesehen, nach einem Abgleich der Resultate mit weiteren quantitativ eruierten Projektwerten zu einem späteren Zeitpunkt einen Grenzwert zu definieren.
Mehr über Treibhausgasemissionen in der Erstellung und deren Ausweis:
- Minergie WISSEN aktuell «Das neue Nachweisblatt zu Treibhausgasemissionen in der Erstellung»
- Kurs «Minergie und Klima: Treibhausgasemissionen in Erstellung»
- Nachweisformular Minergie-Gebäudestandards, Version 2022.1
- Klimafreundlich wohnen und arbeiten mit Minergie
Qualität bei Abluftanlagen mit Aussenluftdurchlässen gewährleisten
Abluftanlagen mit Aussenluftdurchlässen sind in Minergie-Gebäuden erlaubt und sollen es bleiben. Allerdings lässt die Qualität der umgesetzten Systeme teilweise zu wünschen übrig, was den Komfort (v.a. Zugluft) und den Betrieb der Systeme (Zugänglichkeit, Kosten) angeht. Dies wird vermehrt ein Problem aufgrund der tieferen Investitionskosten im Vergleich zu jenen der Komfortlüftungen.
Künftig verlangt Minergie beim Einsatz von Abluftanlagen mit Aussenluftdurchlässen die Einhaltung von Zusatzanforderungen in den Themen Schallschutz, Filtrierung, Luftvolumenstrom, Zugang zur Reinigung und in der Minimierung der Zuglufterscheinung im Aufenthaltsbereich. Diese basieren auf den gültigen SIA-Normen und helfen, diese besser überprüfen zu können.
Die Anforderungen wurden mit der Branche entwickelt und sind mit den relevanten normativen Gremien (SIA 382), sowie mit Schallschutzexperten usw. abgeglichen.
Über 100 Antragsteller haben im 2021 das Modul Monitoring gewählt
Das Reglement Minergie-Modul Monitoring wurde im September 2020 auf den Markt gebracht. Seither haben sieben Monitoring-Anbieter ihre Monitoring-Lösung zertifizieren lassen, über 100 Objekte haben ein Modul Monitoring bei der Antragstellung gewählt und rund 60% davon wünschen das freiwillige Zusatzangebot Monitoring+ (Vergleich von Plan- und Messdaten). Diese Zahlen zeigen eine erfreuliche Nachfrage für ein einfaches Benchmarking im Betrieb.
Das Modul Monitoring wurde für 2022 aktualisiert und ermöglicht nun die Anbindung an das Monitoring+ im Wohnungsbau neu für alle Wärmeerzeuger. Die Anforderungen wurden zudem auf Monitoring-Anbieter mit Dienstleistungen in der Betriebsphase erweitert. Minergie positioniert sich damit noch stärker im Betrieb.